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 Ein Spaziergang mit Nachtwächter Thomas Ostwald 
durch die Altstadt von Braunschweig inklusive einer Ergänzung des Spazierganges

Eine Exkursion des Fördervereins des Museums für Naturkunde Dortmund am 22. Juli 2017

Nach der Reise in die Vergangenheit  von Jahrmillionen in der Sonderausstellung „Jurassic Harz“ unternahm  die Exkursionsgruppe des Fördervereins zum Abschluss des 1. Exkursionstages   im Rahmen einer Nachwächterführung eine Reise in die Vergangenheit einiger Jahrhunderte bzw.  in die Gegenwart  durch eine Begehung  einiger Passagen  der Braunschweiger Altstadt.
 
In traditioneller Kleidung begrüßte Thomas Ostwald die Exkursionsgruppe als „Nachtwächter Rudolf“ und setzte  in der Kuhstraße mit seiner interessanten, unterhaltsamen und lehrreichen  Führung ein.

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In der Kuhstraße
 

Der Altstadtring des  mittelalterlichen Braunschweigs führte insbesondere unter dem Sachsen- und Bayernkönig Heinrich dem Löwen die Weichbilder  Alte Wiek, Hagen, Neustadt, Altstadt und in der Mitte Sack zusammen.   Alle mit Ausnahme von Sack hatten eine eigene Pfarrkirche für die Bürger. Sack hatte den Dom, aber den beanspruchte  Heinrich der Löwe für sich und seinen Adel. Die Bürger von Sack mussten in die Kirche im  Stadtteil Altstadt ausweichen.  Das nennt man Sicherung des Löwenanteils.  Der Welfe Heinrich der Löwe besaß  als Herzog von Sachsen ein riesiges Herzogtum mit den Teilen Westfalen, Engern und Ostfalen.  Und er war Herzog von Bayern.  Zum Abschluss seiner Regentschaft blieb ihm  nur das Herzogtum Braunschweig/ Lüneburg. Die  Herzöge von Braunschweig waren bei den Bürgern bis zum 18. Jahrhundert nie so ganz gut angesehen, vielleicht hat das  seinen Ursprung schon bei Heinrich dem Löwen gehabt. Irgendwann sind die Herzöge nach Wolfenbüttel ausgewichen, hatten genug von den stolzen Bürgern der  Hansestadt Braunschweig. 1671 kam Herzog Rudolf August mit Waffengewalt zurück und zog wieder ins Braunschweiger Schloss ein. Später hatten die Herzöge und ihre Bürger ein besseres gegenseitiges Verständnis.
Das Gebiet um Braunschweig war schon früh besiedelt. Archäologisch ist die Stadt grundsätzlich  bereits  im 9. Jahrhundert n. Chr. entstanden, aber ohne Papiere geht gar nichts:  Urkundlich ist Braunschweig  erst ab 1031 im Zuge der Weihe der Magni-Kirche belegt, in der Urkunde als Brunesgui. Entsprechend ist 1031 das Gründungsdatum der Stadt.   
Der  Name Braunschweig leitet sich wahrscheinlich aus Brunswiek ab.  Ein „gerodeter  Handelsplatz“  neben Dankwarderode auf der anderen Seite der Oker. Heinrich der Löwe ließ die Oker durch künstliche Gräben um die Stadt fließen und eine Stadtmauer errichten. Erweitert wurde die Stadtmauer von Otto, dem Sohn Heinrichs des Löwen. Otto war der einzige Welfen-Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Von der Stadtmauer ist heute nichts mehr zu sehen, aber die Stadtgräben verleihen der Stadt einen großartigen Grüngürtel und einen hohen Freizeitwert. Die Oker selbst ist im Stadtgebiet in einen unterirdischen Kanal gezwängt.  Thomas Ostwald hofft, dass dieser unterirdische Kanal demnächst durch die Öffentlichkeit begehbar gestaltet wird.

Der Stadtgraben


Am Klint erreichte die Fußtruppe den mit 72 m höchsten Punkt der Altstadt. Die Braunschweiger  Altstadt wurde in einem Bombenangriff am 14. und 15. Oktober 1944 zu 80 %  zerstört. Hier sieht man noch historische Fachwerkhäuser. Mit dem besonderen Reiz, dass sie den stolzen Bürgerwillen zeigen:  Die Häuser stehen mit der breiten Seite nach vorne. Die Herzöge sollten erkennen, wie einflussreich die Hansestädter waren.

Fachwerkhaus Am Klint 

Etwas weiter in der Schlossstraße das älteste inschriftlich datierte Fachwerkhaus Deutschlands Am Ackerhof, 1432 errichtet.  Das Haus ist heute in einem etwas bedauerlichen Zustand, aber Schrifttafeln zeigen, dass die Absicht besteht, es wieder erstrahlen zu lassen.  Wenn die Finanzierung steht. Hier muss wohl wieder eine Stiftung den entscheidenden Anstoß geben.

Auf der anderen Straßenseite des Ackerhofes  war genügend Geld da. Für ein Hundertwasserhaus, das aber kein Hundertwasserhaus ist, es sieht  nur so ähnlich aus. Entworfen vom Künstler James Ritzi,  umgesetzt vom Architekten Konrad Kloster.  Das „Happy Ritzi Haus“ ist vertraglich festgelegt das einzige Haus, das von Ritzi so entworfen werden durfte. Es wurde jahrelang als Bürogebäude insbesondere für neue Firmengründer  genutzt, heute  nutzt es Friedrich Georg Knapp, Chef der Bekleidungskette New Yorker.


Fachwerkhaus Am Ackerhof  Das Happy Rizzi Haus 

Die Magnikirche war als Keimzelle der Stadtgründung schon erwähnt.  Zu Zeiten Luthers war sie eine Keimzelle  der Reformation. Im Zuge des Wiederaufbaus der Stadt nach 1945 war sie Keimzelle des Widerstandes gegen verrückte Stadtplaner und heute sie eine offene Kirche für Quartier und Stadt.  Die Magnikirche hat einen Bombenangriff im April 1944 nicht standgehalten, nur noch Turm  und Säulen des Langhauses stnden. 1946 hatten Stadtplaner die Absicht, eine große Straße direkt  an der Kirche vorbei zu führen und auch den Platz und die Fachwerkhäuser zu opfern.  Durchgesetzt hat sich dann aber die Fakultät der Fachwerkhäuser- Bewahrer. Alles was an Fachwerk noch da war, blieb erhalten. Die im Inneren modern wiederaufgebaute Kirche hat diesen Planern ein Denkmal durch eine fensterlose  Südseite gesetzt.  Errichtet wurde die Kirche aus zwei verschiedenen Sandsteinen.   Der etwas weiche und rötliche Stein wurde im Nußberg gewonnen (etwa  5 km von Braunschweig entfernt, heute Geopunkt Nußberg, Ostfalen),  der andere Stein, ein heller und  fossilreicher Kalkstein der mittleren Trias (Muschelkalk)Stein aus dem Höhenzug  Elm, etwa 30 km von Braunschweig entfernt.

Die Magni Kirche innen Die Nordseite der Magni-Kirche Der Sandstein der Magni Kirche


Nördlich der Magnikirche stehen interessante Fachwerkhäuser. Ein Haus besteht aus Elementen der Gotik und der Renaissance mit einem eingesetzten Spruchbalken. Ein Ergebnis der Auseinandersetzungen der Bürger mit Adel und Klerus.  Daneben ein Haus mit einer sehr schiefenersten Etage. Das kommt, wenn man kein abgelagertes Holz als Baustoff  einsetzt.

Etwas weiter die Herrendorf Twete.  Twete ist ein Begriff aus dem Ostfälischen für eine kleine Gasse. Davon gab es in Braunschweig  vor dem Bombenangriff viele, die Herrendorf Twete ist als einzige verblieben.

Pfarrhaus an der Magni Kirche Haus an der Magni Kirche     


Über die Oker geht es danach zum Schloss. Leider bemerkt man  den Übertritt über den unteririsch kanalisierten Fluss nicht. Das Residenzschloss  wurde  1717 von Hermann Korb errichtet, richtig fertig war es aber erst 1791. Am 7. September 1830 kam es zu einer Revolution in Braunschweig. Bürger   rebellierten gegen Herzog Karl II., den sie   „Diamantenherzog“ nannten. Im Zuge dieser Revolution brannte das Schloss  ab. Der zweite Bau stand ab  1841. Dieser wurde durch die   Luftangriffe stark beschädigt und 1960 abgerissen. Die Vorderfront und ein Seitengebäude für Stadtarchiv und Bibliothek wurden vor 10 Jahren neu aufgebaut, als Kompromiss  zwischen der Stadt und dem ECE-Projektmanagement, die hier das Einkaufszentrum „Schloss-Arkaden“ errichtet hat und die Schloss-Komponenten zu Lasten ECE gebaut hat. Ca. 600 Originalteile konnten verwendet werden,  neue Steine sind  aus dem Reinhardtsdorfer Sandstein aus Sachsen und  aus dem Hohenzollernpark-Sandstein aus Polen. Weitere Originalteile konnten nicht verwendet werden, sie sind aber weiterhin zwischengelagert.  Für das Archiv und die Bibliothek zahlt die Stadt  Miete. Die Stadtbibliothek hat sich zwischenzeitlich mit ihrem digitalen Schwerpunkt zu einer begehrten Bibliothek entwickelt  und stellt eine starke Ergänzung  zu der weltberühmten Anna-Amalia-Bibliothek in Wolfenbüttel  dar.

Die größte Quadriga Europas hat eine verrückte Geschichte aufzuweisen. 1855 haben Braunschweiger Bürger sie dem beliebten Regenten Wilhelm anlässlich dessen 25-jährigen Thronjubiläums geschenkt. Den Krieg hat die Quadriga fast unversehrt überstanden, aber nicht die Buntmetalldiebe. Eine Stiftung hat die Quadriga im Rahmen der Errichtung der Schloss-Arkaden mit einem in Dresden noch vorhandenen Originalmodell neu gießen lassen.  

Der Giebel stellt Heinrich den Löwen in den Mittelpunkt.  Aber nicht so, wie die Geschichtsschreibung ihn gerne darstellt. Er hat die Christianisierung mit allen Mitteln durchgedrückt und seine eigenen Interessen in den Vordergrund gerückt.
Die Reiterstatuen vor dem Schloss zeigen Herzöge der neueren Zeit. Die eine Statue: Herzog Karl-Wilhelm-Ferdinand. Der ist 1806 in der Schlacht von Jena und Auerstedt  verletzt worden und ist an den Verletzungen gestorben. Die Schlacht war bis dahin nicht entschieden, die Verletzung des Herzogs hat ggf. für Napoleon eine positive Wende bewirkt. Die andere Statue: Der schwarze Herzog Friedrich Wilhelm.  Auch ein Patriot gegen Napoleon.  Gefallen 1815 am Vorabend der Entscheidungsschlacht  in Waterloo.

Schloss Arkaden und neue Bibliothek Herzog Anton Wilhelm  Die Quadrilla


Der Bohlweg, über den Nachtwächter Rudolf die Exkursion nach dem Schloss zum Braunschweiger  Rathaus führte, kennzeichnet die Sümpfe, die es hier in früherer Zeit gab. Das Rathaus befindet sich am Platz der Deutschen Einheit. Der Bau wurde zwischen 1894 und 1900 nach Plänen des Stadtbaurates Ludwig Winter im Stil der Neogotik errichtet. Die Konstruktion des Turms hat er in Belgien abgesehen. Zunächst ist er bezüglich des Turms am Rathaus am Geld gescheitert, aber er konnte sich mit seinem Konzept durchsetzen. Als Dank hat er sein Büro im Turm über dem Amtszimmer des Bürgermeisters eingerichtet.


Das Rathaus am Platz der deutschen Einheit Burg Dankwarderode

Ludwig Winter hat auch die Burg Dankwarderode wieder aufgebaut, eine sächsische  Burg. Sie war über Jahrhunderte Residenz der Braunschweiger Herzöge und ist heute Teil des Herzog Anton Ulrich-Museums. Ludwig Winter hat sich das Geld für den Bau der Burg bei den Preußen in Person Prinz Albrechts von Preußen besorgt. Der Preis: Parkettboden im Obergeschoss. Albrecht wollte tanzen. Der Plan Winters, die Burg nach dem Original Heinrichs des Löwen aufzubauen, war ein wenig eingebrochen.  Geschickt hat Winter die kleine Kirche St. Peter und Paul integriert, die Heinrich der Löwe vor dem Bau des Doms nach englischem Vorbild an der Burg Dankwarderode errichten ließ und die zu Zeiten Heinrichs des Löwen schon wieder abgerissen wurde.  Aus Platzmangel hat Winter nur einen Turm errichtet und den anderen Turm angedeutet.
1173 war Heinrich der Löwe bei den Staufen noch gut im Rennen. Nach einer Pilgerreise mit wenig Gefolge (1500 Mann!) kam er mit vielen Reliquien und der Idee zurück, eine größere Kirche zu bauen. Das wurde der heutige Dom, vor dem die Exkursionsgruppe jetzt stand.  Aber wie schon ausgedrückt  nur eine Kirche für ihn und  ggf. einige Adlige. Und sie sollte Grabeskirche für ihn sein. Das wurde sie auch, eine Grabplatte im Dom zeigt die Stelle, wo er 1195 nach seiner zweiten Frau Mathilde von England  bestattet wurde.
Bereits 1166 ließ Heinrich der Löwe das Löwendenkmal auf dem Burgplatz errichten. Es ist heute das älteste im Freien stehende Denkmal nördlich der Alpen. Entsprechend passt nicht eine der Legenden, wie Heinrich zum Beinamen „der Löwe“ kam, nach  der der Löwe ein dankbarer Löwe nach einer Pilgerreise war und die Kratzspuren am Domeingang nach dem Tode des Herzogs entstanden sind. Die anderen Geschichten erscheinen plausibler. Eine von den Gebrüdern Grimm, die andere von Thomas Ostwald.  Aber die hat Nachtwächter Rudolf (Thomas Ostwald)nicht erzählt. Er wird sie vorspielen. Auch 2018.  Zu Pfingsten mit einer Laienspielschaar von 100 Leuten. Dieses Event kann man sich eigentlich nicht entgehen lassen.


Der Loewe und der Dom

Das letzte Event des Rundganges:  Das Verlagshaus des bekannten Verlages Vieweg (heute beherbergt das Haus das  Braunschweigisches Landesmuseum), das  Huneborstelsche Haus und das  von Veltheimsche Haus auf dem Burgplatz. Im Jahre 1524 ließ der Braunschweiger Friedrich Huneborstel  in dem Weichbild Sack das Huneborstelsche Haus errichten. Das heutige Gildehaus ist ein reich verziertes Fachwerkhaus. Die Fassade besteht aus reich geschnitzten Figurenfriesen und Knaggen. Das Von Veltheimsche Haus   ist ein Fachwerkhaus aus dem Jahre 1573. Ein Haus mit drei Wohngeschossen und seitlicher Durchfahrt, ohne Zwischengeschoss und Speicher. Das Haus zeigt eine Auslucht (ein Frauensitz mit Ausblick auf die Straße; natürlich nur für reiche Frauen). Die Obergeschosse sind vorkragend.


Das Huneborstelsche Haus

Die verfügbare Zeit des Nachtwächters und die der Exkursionsgruppe sind abgelaufen. Der Nachtwächter muss die imaginären Stadttore schließen. Die Exkursionsgruppe ist in „Kuh-Acht“ zu einem Abendessen verabredet.
Thomas Ostwald verabschiedet sich mit einem Hinweis  auf weitere schöne und interessante Bereiche der Braunschweiger Altstadt  und mit einem Hinweis auf das bekannte Braunschweiger  Bier, die Braunschweiger Mumme.

Mit einem herzlichen Beifall wird er von der Exkursionsgruppe verabschiedet.

Die Exkursionsgruppe hatte für diesen Tag genug gesehen und gehört, jetzt war nur noch die Exkursion in das Restaurant "Kuh-Acht" wichtig. 


Im Restaurant Kuhacht 



Eine Ergänzung der Exkursion mit eienm Spaziergang durch die Braunschweiger Altstadt  am 24. Juli 2017


Eine kleine Gruppe der Exkursionsteilnehmer nutzte den Aufenthalt in Braunschweig zur Fortsetzung des Altstadtrundganges am 24. Juli 2017. Diesmal ohne Begleitung durch Herrn Ostwald.  Ausgangspunkt war der Turm des Rathauses.


Der Turm des Tathaauses von unten


Fotogalerie des Rundganges am 24. Juli 2017 mit detaillierten Bildtexten.


Weblinks


Thomas Ostwald und die Sage um Heinrich den Loewen

http://www.arbeitsausschuss-tourismus.de/mitglieder/thomas-ostwald

Braunschweig im 18. Jahrhundert

Der Nußberg bei Braunschweig

Der Dom St. Blasius in Braunschweig

Der Dom in Braunschweig

  

 




     



Letzte Änderung: 18.08.2020