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 Ein Besuch der Grube "In den Dellen"nahe am Laacher See 

Eine Exkursion des Fördervereins des Naturkundemuseums Dortmund am Vormittag  des 23. Juni 2018

Am 23. Juni 2018  besuchte  der Förderverein des Naturkundemuseums Dortmund am zweiten Tag der Exkursion in die Ost- Eifel  vormittags die Grube „In den Dellen“.  Wie am Vortag bei dem Besuch der Museumsmeile in Niedermendig vermittelt wurde, sind hier die Auswürfe des Laacher-See-Vulkans zu beobachten. Des Vulkans, der vor 12900 Jahren mit dem  Eruptionszentrum  ca. 2 km nordwestlich  von hier im heutigen Laacher See ausgebrochen ist.

Die Genehmigung zum Besuch der Grube war ordnungsgemäß  bei Fa. Zieglowski beantragt  worden.  Genehmigt wurde unter der Voraussetzung, dass die werksseitigen Verhaltensvorschriften eingehalten werden und eine Haftungs-Verzichtserklärung  gegengezeichnet wird. Diese Vorgaben haben sich die Sammler mit ihrem Verhalten in den Gruben und Steinbrüchen selbst eingebrockt.  Die Exkursionsgruppe des Fördervereins hat sich ausnahmslos an die Vorgaben gehalten, eine Stichprobenprüfung hatte dies bestätigt. 

Dankenswerter Weise hatte sich Heinz-Peter Schneider von der Mineraliengruppe der Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft  bereit erklärt,  die Exkursionsgruppe zu betreuen und mit fachmännischem Rat zu unterstützen.   Ohne seine Hilfe wäre die Exkursion bei weitem nicht so erfolgreich verlaufen. Daher auch an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Danke schön an ihn.


   

Heinz-Peter Schneider nahm die Gruppe bereits am Hotel Felsenkeller in Mendig in Empfang und geleitete sie zu der Grube „In den Dellen“.  Auf dem Parkplatz wurden noch einmal die Verhaltensregeln vorgegeben und Helm,  Warnweste und festes Schuhwerk  richtig eingestellt 

Dann war eine Grundsatzentscheidung zu treffen. Was wollen sie sehen? Gesteine mit ihren Gesteinsbildenden Mineralien. Oder wollen Sie sich auf kristallisierte  Minerale konzentrieren? Oder auf die Gesamterscheinung der Grube?

Die Gruppe entscheidet sich für alles. Und noch ein wenig Flora und Fauna am Rande.

Heinz-Peter Schneider hatte eine große Zahl von  Steinen, Schlacken und Mineralien wesentlich aus Auswürflingen  mitgebracht.  Stücke, die er und seine Mineralienkollegen gefunden haben und die sie den Exkursionsteilnehmern zur kostenlosen Mitnahme zur Verfügung stellten. Mit dem Hinweis:  Es ist nicht möglich, die gesamte Bandbreite der vorkommenden Erscheinungsformen der Gesteine darzustellen, man findet immer noch etwas Neues.  Die Komplexität des Ausbruchs des Laacher-See-Vulkans spiegelt sich in den Steinen und in dem, was wir heute sehen.  Vorbereitend hatte Heinz-Peter Schneider eine Unterlage des Sammlers Rolf Dahlmeier zur Verfügung gestellt, der viele Jahre mit dem Schwerpunkt  „In den Dellen“ nach Mineraliengesucht hat.  Der Kreis der  Mineraliengruppe der Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft hat eine Unterlage über Fundstücke zusammengestellt, die Heinz-Peter Schneider den Exkursionsteilnehmern vor Ort darstellte und die er den Exkursionsteilnehmern nachträglich zur Verfügung gestellt hat. Derzeit ist die Unterlage aber noch nicht veröffentlicht.  Öffentlich verfügbar ist dagegen die CD „Minerale der Vulkaneifel“ von G. Blass und F.J Emmerich.


              


Im Anschluss  an diese Vorbereitungen „ging es los“.  Bei ausgezeichneter Wetterlage: nicht zu warm, nicht zu kalt, kein Regen. Viele  Bilder von diesem Steinbruch sind im Netz verfügbar, aber den   individuellen Eindruck vor Ort kann kein Bild ersetzen.  Auffallend natürlich als Erstes die Wände.  Alles was man hier  sieht, ist das Ergebnis des Auswurfs eines einzigen Vulkans. 


        
  

Daher zunächst ein kurzes Eingehen auf die Gesamterscheinung der Grube „In den Dellen“


Der vertikale Schnitt der Wände zeigt viele horizontale Linien in unterschiedlicher Farbe und in unterschiedlichem Verlauf.
Die Exkursionsteilnehmer konnte sie quasi nur zur Kenntnis nehmen mit dem Hintergrundwissen, dass diese Linien das Ergebnis einer fast halbjährigen Vulkantätigkeit sind.  

An dieser Stelle hilft ein kleiner Exkurs.

Heinz-Peter Schneider hat auch den nachmittäglichen Besuch der Grube „Wingertsberg“ (siehe separater Exkursionsbericht)  begleitet. Und nach diesem Besuch der Wingertsberg-Grube die Exkursionsteilnehmer dankenswerterweise auch zur „Wingertsbergwand“ geführt.  An dieser einzigartigen Wand hat die Deutsche Vulkanologische Gesellschaft  im Rahmen des Vulkanparks Eifel Lehrtafeln aufgestellt, welche  die Schichten der Wingertsbergwand  in geologischer Weise darstellen. Die Gruben „In den Dellen“ und „Wingertsberg“ sind örtlich relativ nahe zusammen, grundsätzlich kann die Darstellung der Wingertsbergwand entsprechend auch für die Grube in den Dellen zugrunde gelegt werden.

Darum hier ein kleiner Ausflug auf die Darstellungen der Wingertsbergwand:
 
Das Magma , dass aus dem Plume im Verlauf von tausenden von Jahren aufgestiegen ist , sammelte sich  5 – 7 km unter der Erdoberfläche in einer Magmakammer, die aufgrund von Temperaturdifferenzen ständig in Bewegung war und das basaltische Gefüge auch chemisch veränderte. Kristalle bildeten sich (z.B. Sanidin und Hauyn),  schwere Elemente  sanken ab,  leichte stiegen auf.  Vulkanische Gase sammelten sich im Dach der Kammer  und bauten dort  einen hohen Druck auf.


           


Dem Druck hielt das darüber liegende Erdreich  vor 12900 Jahren nicht  mehr stand (ggf. ausgelöst durch ein Erdbeben), es kam zur Entladung, dem Ausbruch des Laacher-See-Vulkans. 

Die  ersten  Tage nach dem Ausbruch:
In nur etwa sechs Stunden wurden die ersten 10 m der Wingertsbergwand abgelagert. Erst jagte eine materialbeladene Druckwelle (Base Surge) über den Boden, die war enorm schnell und mindestens 280 °C heiß. Bäume wurden gefällt oder abgerissen, die Vegetation gekocht oder angesengt. Auf diese erste zerstörerische Base Surge  folgen viele weitere, ausgelöst wurden sie durch starke  phreatomagmatische Eruptionen, die Magma und Nebengestein zu feiner  Asche zermahlen.  (phreatomagmatische Eruptionen resultieren aus  dem Zusammentreffen von Magma und Grundwasser).
Dazwischen  wurden Jets hoch aus dem Krater hinaus katapultiert.  Jets sind schnelle, mit Partikeln gespickte  Salven. Wenn sie am Boden auftreffen, rasen sie meist als Partikelstrom weiter und transportieren dabei selbst große Steine weiter. Ihre grobkörnigen Ablagerungen erkennt man  daran, dass sie Vertiefungen auffüllen und horizontal ausgerichtete Gesteinsbruchstücke enthalten.
Die meisten großen Gesteinsbrocken oder Blöcke wurden wie Kanonenkugeln aus  dem Krater hinausgeschossen. Diesen Eruptionsmechanismus nennt man ballistische Würfe. Ihre Abschussgeschwindigkeit betrug bis über 1000 km/h.  Beim Aufprall erzeugten diese tonnenschweren Geschosse  tiefe Einschlagkrater.

Im unteren Teil der Wingertsbergwand stellen Vulkanologen einen ständigen Wechsel von Base Surge, Jets und kurzen Pausen fest.  Am hohen Anteil von Gesteinsfragmenten erkennt man, dass der Krater häufig verstopft war. War das der Fall, kam es zu einer Pause, bis Grundwasser in den Krater lief. Dann folgten heftige phreatomagmatische Explosionen. Nun war der Krater freigesprengt  und eine hohe plinianische Eruptionswolke konnte sich bilden. Irgendwann folgte die nächste Kraterblockade .Mit deren Sprengung begann der Zyklus von neuem.  Die   phreatomagmatischen Kräfte waren zwar auch gewaltig, jedoch nicht mehr so gewaltig  wie die Kräfte bei dem durch   Gasdruck ausgebrochenen Vulkan. Niedrigere und kurzlebige  Säulen mit vielen Pausen waren die Folge. Südlich des Kraters ausgeschossene Base Surges und Jets hinterließen ihre Spuren in der Wingertsbergwand.

 
  

      

Etwa zwei Tage nach der Eruption begann die Phase der pyroklastischen Ströme (Glutlawinen).  Die entstehen, wenn die Eruptionssäule den Auftrieb verliert. Dann stürzt das Gemisch aus Partikeln und Glas die Vulkanflanken herab und rast weiter durch die Täler. Pyroklastische Ströme sind heißer als Base Surge und 700 km/h schnell. Sie vernichten alles auf ihrem Weg und  sind die gefährlichsten Vulkanphänomene.  Die Ablagerungen der Glutlawinen heißen Ignimbrite.  An der Wingertsberg wand sind sie als helles Band leicht zu erkennen.  Die Glutlawinen des Laacher-See-Vulkans füllen das Brohltal  60 m hoch aus, im Süden ca. 30 m.
 
Nach der Phase der Glutlawinen stieg  die plinianische Eruptionssäule mehrmals über 30 km hoch auf. Aus der Eruptionssäule regnete es Bims-Fallout. Als Fallablagerung ist er in gleichmäßig horizontalen Schichten gelagert. Gut erkennbar die sogenannte „Autobahn“ ein Begriff der Geologen. Gemeint ist  eine Doppelschicht aus Bims mit einem schmalen Aschenband.

Die Endphase des Ausbruchs begann nach etwa 4 Tagen und zog sich über mehrere Monate hin. In die teils entladene Magmakammer war  Wasser eingedrungen, heftige phreatomagmatische Reaktionen waren die Folgen, Base Surges schossen mit mehr als 1000 km/h aus. Zwischendurch Jets und kleine pyroklastische Ströme. Aus dieser Phase stammen die mächtigen grauen Schichten oben in der Wingertsbergwand.  Darin sind Dünen erkennbar.  Antidünen genannt, weil sie von der unvorstellbaren Gewalt der Hochgeschwindigkeitswolke erzählen. Die Base Surges waren so schnell, dass sich die Ablagerungswellen bereits stromaufwärts bildeten. Im Gegensatz z.B. zu Sanddünen, die lagern ihr Material Lee-seitig ab.  die Dünentäler sind mit gröberen Lagen aufgefüllt. Von Jets, die nach dem auftreffen auf den Boden weiterschossen.
 
Am oberen Rand der Wand sind tiefe Erosionsrinnen zu sehen, die einen Vulkanischer Klimawandel dokumentieren.  Noch während der Eruptionen setzte starker Regen ein. Der Grund für den Regen ist wohl in dem hohen Schwefelgehalt zu sehen.   20 bis 30 Millionen t SO2   schleuderte der Laacher-See-Vulkan  in die Atmosphäre.
 
Entweichende Gase haben das Magma aufgeschäumt.  Bimssteine sind zu Glas  erstarrte Fetzen dieses Magmaschaums. Der Bims ist so leicht, dass der Stein schwimmt.  durch extreme Ausdehnung zerplatzte der Magmaschaum zu einer Unmenge winziger Glassplitter und regnete zu Asche herab. Während der Eruption entleerte sich die Magmakammer von oben nach unten.  An der Farbe der Wand kann man die Schichtungen des Bimses erkennen.  Die Bimse im unteren Teil der Wand entstammen dem  Dach der Kammer. Sie enthielten fast keine Kristalle und wenig schwere Elemente, die Gesteine dunkel färben.  
Die grauen Bimse aus der Mitte sind aus tieferen Schichten der Magmakammer eruptiert. Dort war der Gehalt an dunkel färbenden Elementen größer. Zudem ist der Bims infolge des geringen  Gasgehaltes weniger blasig. 
Die vulkanischen Partikel der Endphase stammen aus dem Bodensatz der Kamer. Sie  bestehen fast vollständig aus Kristallen und sind so blasenarm, dass man  sie nicht als Bims bezeichnen kann.
Aber nicht nur Bims wurde ausgeworfen, sondern auch Gesteinsbrocken  aus den Wänden von Krater   Schlot  und Kammer. Auch diese können im Grundsatz von unten nach oben betrachtet werden.  Lava-Ströme aus älteren vulkanischen Tätigkeiten , Ton- und Kieselschichten , Schiefer und Sandsteine usw.  Wenn man alles verstehen will, müsste  man sich mit dem Untergrund der Eifelvulkane beschäftigen.  Dieser liegt  mindestens bis zum Beginn des Devons vor rund 416 Millionen Jahren zurück.

Soweit der kleine Exkurs auf die Wingertsbergwand.  Vor Ort „In den Dellen“ hatte jeder Teilnehmer der Exkursion vier Stunden lang die Gelegenheit, den gesamten Steinbruch und insbesondere die Wände auf sich wirken zu lassen und  geologische Betrachtung  durchzuführen. Vielleicht wird es nach Stilllegung des Bruchs „In den Dellen“ auch solch eine wunderbare Beschreibung durch die Deutsche Vulkanologische Gesellschaft geben wie an der Wingertsbergwand?
Natürlich gibt es auch Fachliteratur. Zum Beispiel die von Hans-Ulrich Schmincke „Vulkane der Eifel“. ISBN 978-3-8274-2984-1. Aber eine Beschreibung der Wand in diesen Details wie an der Wingertsbergwand ist verständlicherweise  im Rahmen einer mehr integralen Literatur nicht möglich.


    

Soweit zum Gesamteindruck der Grube, die Exkursionsgruppe erreicht den „Steinhaufen“.  Hier in der Grube ist ein Industriebetrieb tätig, der den Bims der Grube gewinnt und u.a.  für den Garten-und Landschaftsbau weiterverarbeitet.  Trass, die feinkörnigen Ablagerungen pyroklastischer Ströme, wird hier nicht gewonnen. Steine größer als ca. Lapilli-Größe (geologisch größer 64mm) werden ausgesiebt und „verworfen“, d.h. sie werden neben der Siebmaschine zwischengelagert und später in der Grube wieder endgelagert. Man weiß nicht, aus welcher Schicht die Steine kommen, dennoch sind sie für die Mineralien- und Steinfreunde ungeheuer interessant, weil sie eine große Zahl von Mineralien enthalten und natürlich auch die Mineralien der Gesteinsbildung beschreiben. Nach den Worten des eingangs erwähnten Ralf Dahlheuser:  Der unbedarfte Sammler sucht nach Auswürflingen mit Löchern, denn grundsätzlich können Mineralien dort auskristallisieren, wo Löcher sind. Aber es gibt eigentlich keinen Auswürfling, der vollkommen dicht ist. Danach gibt es auch keinen Auswürfling, der frei von Mineralien ist. Und seien die auch nur mit der Lupe zu entdecken. 


Eine gute Voraussetzung für die Exkursion.   Es wurden auch wirklich schöne Mineralien gefunden.  Und interessante Steine, die Auskunft geben über die Entwicklung der Eifel in ihren Jahrmillionen seit  dem Devon. Vulkanite,  Plutonite,  Metamorphe,… Alles bunt gemischt auf einem Haufen.  Heinz-Peter Schneider war natürlich bei der Bestimmung ein sehr gefragter Experte. Viele Exponate wurden mitgenommen und werden später eindeutiger analysiert.  


 


Andere schürften mit Geduld und erfolgreich „im Feld“ nach Hauyn  und Sadinin.
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Wieder andere schauten sich auch nach der Flora und Fauna um.  Was zu der Frage führt:  was wird hier mal werden, wenn  die Industrie abgewandert ist?  Die Natur erobert sich den Steinbruch zurück, viele blühende Blumen und in deren Gefolge Insekten zeugten davon.  Größere Tiere waren natürlich her  im freien Feld nicht auszumachen. Es wäre schön, wenn die Natur sich so weiterentwickeln könnte.





Nach vier Stunden zwang die fortgeschrittene Uhrzeit zum Aufbruch, es stand ja noch der Besuch der Grube Wingertsberg auf dem Programm.





Weblinks

Die Eifelvulkane und ihre Mineralien

Streckeisen-Diagramm

Mineralienatlas Grube Zieglowski


 



Letzte Änderung: 28.05.2020