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Pünktlich um 12.00 Uhr fanden sich alle Exkursionsteilnehmer am Treffpunkt „Verwaltungsgebäude des Naturhistorischen Museums in Braunschweig“ ein. Das Verwaltungsgebäude ist ein ansprechendes Gebäude, innen wie außen schön renoviert. Durch den Umzug in dieses Gebäude ist im Naturhistorischen Museum Platz für neue Ausstelllungen geschaffen worden.
Die Exkursions-Gruppe wurde von den Mitarbeitern des Naturhistorischen
Museums sehr herzlich willkommen geheißen. Besonders natürlich Jan Ilger
als heutiger Geologe des Naturkundemuseums Dortmund und früherer
Mitarbeiter am Naturhistorischen Museum in Braunschweig.
Frau Claudia Kamcke geleitete die Exkursion vom Verwaltungsgebäude zum Museum. Das Modell des imposanten Spinophorosaurus nigerensis, eines Sauropoden der frühen Dinosaurierzeit, charakterisiert bereits aus einiger Entfernung den Vorplatz. Das Braunschweiger Museum hat sich am Fundort des Sauropoden in Niger durch Beteiligung an den Ausgrabungen besonders verdient gemacht. Im „Dino-Saal“ des 3. OG werden Details auch in der Ausstellung gezeigt. Ein weiteres Modell auf dem Vorplatz ist das des Sauropoden Europasaurus holgeri. Dieser Saurier bildet gleichfalls einen Schwerpunkt in den Forschungsaktivitäten des Naturhistorischen Museums, er ist auch ein Schwerpunkt der Sonderausstellung „Jurassic Park“.
Insgesamt stellt sich der Vorplatz als ein schön gestalteter Platz u.a.
mit informativen Gesteinsinseln aus Gesteinen der Erdzeitalter dar.
Der Otter vor dem Eingang zum Museum (aus Bronze hergestellt vom Bildhauer
H.J. Ihle aus der Handballstadt Burgdorf bei Hannover) ist zwar sehr
ansprechend und kunstvoll und bringt ergänzend Leben auf den Platz
bringen, aber was bringt mehr Leben auf den Platz als die Gesteine, die
die Geschichte des Erdzeitverlaufes symbolisieren.
Claudia Kamcke führte die Exkursions-Gruppe durch das Museum.
Dessen Eingangsbereich ist freundlich modern gestaltet.
Das Museum hat verschiedene Umbauphasen hinter sich und noch vor sich.
Jüngst fertiggestellt ist das 1. Obergeschoss (ebenerdig mit dem Vorplatz)
mit Eingangsbereich, Schatzkammer, Schaumagazin, Dioramen und
Entdeckersaal. Ein Team aus Berlin hat die Gestaltung geplant und
dafür einen Design-Award erhalten.
Der Rundgang in den neu gestalteten Räumen des Erdgeschosses
beginnt in der sogenannten Schatzkammer,
die die Ausstellung des 18. Jahrhunderts repräsentiert. Es ist ein
wenig Stolz dabei: Das Naturhistorische Museum Braunschweig das
älteste Naturkundemuseum in Deutschland. Die Geschichte des Hauses
geht auf Naturalienkabinette der Herzöge von Brauschweig/ Lüneburg
des 18. Jahrhunderts zurück. Herzog Carl I. öffnete die
Sammlung im Zuge der Epoche der Aufklärung für die Öffentlichkeit
und eröffnete 1754 das „Herzogliche Kunst- und
Naturalienkabinett“. Dieses Datum ist das Gründungsdatum des
Naturhistorischen Museums. Aus der Kunstsammlung wurde später das „Herzog
Anton Ulrich-Museum“ als ein weiteres Landesmuseum neben dem
„Braunschweiger Landesmuseum“ und dem „Naturhistorischen Museum“. Die
Büste Karls I. ist in der Schatzkammer ausgestellt. Die Büste und
alle in der Schatzkammer ausgestellten Exponate sind im 16. und 17.
Jahrhundert entstanden. Beispielsweise der Färöer-Kolkrabe, eine Kaspische
Wasserschildkröte mit bemaltem Panzer, Purpurschnecken, Strumpf aus
Muschelseide, ein Elefantenembryo, ein Buffalo-Kofferfisch usw.
Die Schausammlung im nächsten Raum repräsentiert die Art der Ausstellung des 19. Jahrhunderts, als die Exponate als Lehrsammlungen gleichermaßen für die Wissenschaft und für die Öffentlichkeit in großen Schaukästen dargestellt wurden. Hier ist es eine sehr gelungene Komposition der Verbindung neuer Technik und der Darstellungsart der früheren Zeit. Dargestellt werden über 500 Präparate in hohen Glasvitrinen mit besonderem Spiegeleffekt bei stimmungsvollem Licht und gedimmter Beleuchtung. Ein Raumereignis der besonderen Art. Die neue Technik repräsentieren auch zwei Sichtgeräte-Stationen in der Raummitte, an denen die Besucher menuegeführt Informationen über die Exponate und deren Historie abfragen können. Die Entdecker der damaligen Zeit wie Alexander von Humboldt, Johann- Heinrich Blasius und Wilhelm Blasius werden besonders beschrieben. Hier wirken sich die neuen Medien sehr positiv aus, denn diese Vielzahl an Informationen kann man nicht an Schautafeln unterbringen.
Die Dioramen des anschließenden Raumes repräsentieren das 20. Jahrhundert. In großen „Guckkästen“ werden Tiere des Norddeutschen Raumes im Originalformat in ihrer natürlichen Umgebung gezeigt. Flora und Fauna wesentlich des Braunschweiger Raumes, die es gibt oder einmal gegeben hat. Alle Dioramen wirken mit einer besonderen Ausdruckskraft und strahlen auf den Besucher eine ausdrucksvolle Ruhe aus. Die Dioramen sind schon etwas älter, jedoch neu mit anderer Beleuchtung in die Ausstellung eingepasst.
Der derzeit letzte Raum der Ausstellung auf dieser Etage, der Entdeckersaal,
spiegelt die Wissensvermittlung im 21.
Jahrhundert und soll spielerisch besonders auf junge
Menschen wirken und so deren Interesse für die Natur wecken. Wissenschaft
und Forschung sind nicht mehr direkt angesprochen, sie haben genügend
andere Informations-Quellen. Der Entdeckersaal ist völlig neu gestaltet,
am unterschiedlichen Bodenbelag sind die alten und neuen Raumteile
erkennbar. Das auffälligste Exponat ist eine 13m lange Landschaftsvitrine,
die das Leben über und unter der Erdoberfläche sehr naturgetreu und
beeindruckend widergibt. Das Panorama von 13 m ist aus jeweils ein
Meter großen Teilen zusammengefügt. Drei Präparatoren haben drei
Jahre lang unglaublich akribisch gearbeitet und viele und kleine Details
erschaffen. Es gibt Hinweisschilder auf einige Tiere und Pflanzen, aber
Vieles soll einfach nur entdeckt werden. Die Präparatoren haben teilweise
Abgüsse am Original gemacht und dann koloriert, teilweise haben sie auch
das Modell komplett ohne Vorlage aus der Natur hergestellt. Es ist
eine bewundernswerte Arbeit und für Kinder und Erwachsene ein Verweis
darauf, wie schön und abwechslungsreich es in unserer realen Natur ist.
Man muss es nur entdecken.
Die Landschaftsvitrine spiegelt aber nur einen Teil der möglichen
Entdeckungen in der Natur im Entdeckersaal wider. In
weiteren frei aufgestellten Vitrinen und in Wand-Vitrinen werden
besondere Themen wie beispielsweise Tarnen und Warnen, Augen
verschwinden, Fußabdrücke und Fährten, Tierlaute, Zähne aufgegriffen. An
Medienstationen kann man diese Welt wie in einem Memory zusammenfügen.
Eine gute Idee. Einen besonderen Stellenwert erhält der Weißstorch mit
einer eigenen Vitrine. Besonders hervorgehoben sind dabei seine Flugdaten
und Flugleistungen (interaktiv). Man muss die Physik nicht zwangsläufig
verstehen, man muss sie nur für sich nutzen
können.
Über das ansprechende Treppenhaus mit Treppenstufen aus Braunschweiger Sandstein (Rogenstein) geleitet Claudia Kamcke die Gruppe in das 1. Obergeschoss. Der erste Blick fällt auf die Ichthyosaurier-Wand. Exponate aus Holzmaden oder Solnhofen? Nein, aus Hondelage bei Braunschweig. Im September 2011 hat ein Grabungsteam aus dem Naturhistorischen Museum mit Zustimmung des Förderkreises für Umwelt- und Naturschutz diese beiden Ichthyosaurier geborgen. Zunächst als Block, danach folgte eine monatelange Präparation. Die beiden delphinförmigen Tiere Stenopterrygius sp. (geborgen wurde ein vollständiges Skelett) und Eurhinosaurus longirotis (geborgen wurde ein Teilskelett) lebten im Unteren Jura (Lias, Untertoarcium)vor ca. 180 Millionen Jahren. Ichthyosaurier wurden bisher im Posidonienschiefer (Lias,Epsilon) in Braunschweig-Hondelage, in Schandelah (Ziel des zweiten Exkursionstages) und Cremlingen gefunden. Es sind ganz sicher noch viele Skelette von Ichthyosauriern und anderen Fossilien im Schiefer verborgen, denn es ist bisher in ganz geringem Umfang gezielt gegraben worden. Die Exkursion nach Schandelah hat dies bestätigt (siehe den Bericht zu diesem Teil der Exkursion). Öffentlich sind diese Funde leider nicht so bekannt wie dies bei Funden in Holzmaden und Solnhofen der Fall ist. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die Öffentlichkeit den Wert des Niedersächsischen Umfeldes zukünftig mehr wertschätzen würde.
Den Ichthyosauriern gegenüber eine interessantes Arrangement. Zwischen Vitrinen mit Exponaten wirbelloser Tiere befindet sich der Eingang zum Lese -Café. Rote Tische und Stühle inmitten eines Raumes, in dem Schwarz-weiße Baumwurzeln plastisch in den Raum wachsen und die Wurzeln an den Wänden, Heizkörpern etc. weiterverlaufen. Allein dieser Raum hat den Design-Award verdient.
Nach der Besichtigung weiterer, in dieser Etage
angeordneter Dioramen (z.B. eine sehr naturgetreue Darstellung der
Braunschweiger Rieselfelder) führt Claudia Kamcke die Exkursions-Gruppe in
das 2. Obergeschoss mit
dem Dino-Saal, dem Fossiliensaal und dem Lichtsaal.
Eingangs des Dino-Saals ist eine Schautafel installiert, die auf den am
23.04.2013 in Braunschweig niedergegangenen jüngsten Meteoriten
Deutschlands eingeht. Dieses Ereignis hatte Jan Ilger in seinem
Vortrag am detailliert beschrieben.
Im Dino-Saal ist man erstaunt
über das Gelingen, das 13 m lange Skelett-Modell des im Niger mit
Unterstützung der Wissenschaftler des Naturhistorischen Museums
ausgegrabenen Riesen-Sauropoden Spinophorosaurus
nigerensis im Raum unterzubringen. Gefunden hat man zwei
Skelette, nicht komplett, nur in Fragmenten. In 3-D wurden die
vorgefundenen Teile gescannt, so dass das Modell des Tieres entstehen
konnte. Auf dem Boden sind Original-Funde ausgebreitet. Ergänzt
werden diese Informationen durch einige Medien-Stationen, die auch die
Historie der Ausgrabungen wiedergeben. Auch an diesen Exponaten
haben die Präparatoren mehrere Monate lang gearbeitet.
Die Ausgrabungen im Niger in der heißen Süd-Sahara waren ganz sicher eine
hohe körperliche Belastung für das Grabungsteam. Das war zu Zeiten des
Spinophorosaurus anders. Dies zeigt das ausdrucksvolle Wandgemälde von
Renate Berghaus, die die üppige Flora der Zeit vor 180
Millionen Jahren treffend skizziert hat.
Angst einflößend der Fußabdruck eines Deinonycho-Sauriers.
Der Fußabdruck wurde gleichfalls in der Nähe des Grabungsgebietes am Niger
gefunden. Das war bestimmt kein Freund des Spinophorosaurus
Der Fossiliensaal gibt mit vielen
Exponaten Einblicke in die Erdgeschichte der Braunschweiger Region.
Beispielsweise Vitrinen mit Muschelkalk aus der Zeit vor 20-215 Mio.
Jahren, eine Wandtafel mit einer Seelilie aus dem Muschelkalk bei
Erkerode, Inkohlungs-Prozesse, ein Meeres-Krokodilskelett aus dem Lias von
Hondelage, eine Fischechse aus dem Lias von Schandelah. Die geologischen
Zusammenhänge demonstriert mit hervorgehobenen Horizonten ein
Landschaftsmodell. Ein Profil-Modell der Gesteinsschichten zeigt die
geologischen Besonderheiten des nördlichen Harzvorlandes.
Der Lichtsaal, der größte Ausstellungssaal des Museums, wurde im Dezember 2003 in der heutigen Form eröffnet. Der große Raum und die großen Exponate vermitteln den Eindruck eines Raumklanges. Themen des Lichtsaales sind „Ausgestorbene Vögel", „Tiere der Eiszeit“, die „Evolution des Menschen“. Als Besonderheit ist das Skelett einer Riesenseekuh mit einer Länge von ca. 7 m ausgestellt (davon gibt es weltweit nur noch 20 Exponate).
Die Zeit ist gut fortgeschritten. Viele Details müssen für die Exkursionsgruppe aus Zeitgründen unberücksichtigt bleiben, wichtig ist der Überblick. Und der wurde von Claudia Kamcke perfekt übermittelt.
Ein besonderes Privileg schließt sich an: Ein Blick hinter die Kulissen der Magazine. Die Magazinräume werden derzeit umgebaut. Entsprechend werden die Exponate aufgenommen und digital katalogisiert. Eine Lebensaufgabe bei über 500.000 Tieren. Einige Magazine, wie das Knochenmagazin sind ausgelagert, das Insektenmagazin ist absolut staubgesichert geschützt. Ein Mineralienmagazin gibt es derzeit nicht, wird aber ggf. kommen. Der Präparator-Raum mit den Arbeitstischen für die Präparatoren ist bereits fertig gestellt. Weiter umgebaut wird die Etage darüber, diese Räume werden über eine schön gedrechselte Holztreppe erreicht. In diesen Räumen gibt es noch viel zu tun. (Die Mitarbeiter des Naturkundemuseums Dortmund fühlen sich sofort rundherum heimisch, denn noch ist die Umbauphase des dortigen Naturkundemuseums nicht beendet). Man geht in Braunschweig stückweise vor. Jeder fertiggestellte Raum wird über sukzessiv gesetzte Trennwände abgeschlossen. Derzeit wird besonders aktiv im Nassarbeitsraum gearbeitet. Die Magazine dahinter erreicht man nur bei entsprechender Freischaltung. Die Exkursionsgruppe hatte Gelegenheit zur Begehung dieser Magazinräume. Ein Erlebnis der besonderen Art, das auch zu einem Erfahrungsaustausch genutzt wurde. Frau Claudia Kamcke gilt hier ein besonderer Dank.
Das Aquarium ist Mittelpunkt des Naturkundemuseums Dortmund,
insofern bat die Exkursionsgruppe darum, zum Abschluss der Exkursion das Aquarium im Naturhistorischen Museum
zu besuchen. „ Ein Besuch im Aquarium lohnt sich immer“, das besagt auch
die Werbung des Naturhistorischen Museums. Claudia Kamcke erfüllt diesen
Wunsch gerne und führt die Gruppe in eine exotische Vielfalt.
Mit dem Besuch des Aquariums endete das
erste Kapitel der zweitägigen Exkursion. Weitere Kapitel waren der
Besuch der Sonderausstellung „Jurassic Harz“, eine „Nachtwächterführung“
durch die Altstadt Braunschweigs, der Besuch der „Ausgrabungsstätte in
Schandelah und der Besuch der „Ausgrabungsstätte in Schöningen inklusive
des Besuchs des dortigen Museums“.
Frau Claudia Kamcke gilt ein herzlicher Dank für die exzellente Führung und für den Kaffee, den sie für die Exkursions-Gruppe nach Rückkehr in das Verwaltungsgebäude gekocht hat.
Weblinks
Das Mitarbeiterteam des Naturhistorischen Museums Braunschweig
Wissenschaftliche Presseinformationen des Naturhistorischen Museums Braunschweig
Vortrag von Dr. Jan Ilger: Der jüngste Meteorit Deutschlands
Letzte Änderung: 29.05.2020