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 Ein Rundgang durch das Naturhistorische Museum in Braunschweig

Eine Exkursion des Fördervereins des Naturkundemuseums Dortmund am 22. Juli 2017

Pünktlich um 12.00 Uhr fanden sich alle Exkursionsteilnehmer am Treffpunkt „Verwaltungsgebäude des Naturhistorischen Museums in  Braunschweig“ ein. Das Verwaltungsgebäude ist ein ansprechendes Gebäude, innen wie außen schön renoviert. Durch den Umzug in dieses Gebäude  ist im Naturhistorischen Museum Platz für neue  Ausstelllungen geschaffen worden.


Die Exkursions-Gruppe wurde von den Mitarbeitern des Naturhistorischen Museums sehr herzlich willkommen geheißen. Besonders natürlich Jan Ilger als heutiger Geologe des Naturkundemuseums Dortmund und früherer Mitarbeiter am Naturhistorischen Museum in Braunschweig. 

Das Verwaltungsgebaeude


Frau Claudia Kamcke geleitete die Exkursion  vom Verwaltungsgebäude zum Museum. Das Modell des imposanten Spinophorosaurus nigerensis, eines   Sauropoden der frühen Dinosaurierzeit, charakterisiert bereits aus einiger Entfernung  den Vorplatz.  Das Braunschweiger Museum hat sich am Fundort des Sauropoden in Niger durch Beteiligung an den Ausgrabungen besonders verdient gemacht.  Im „Dino-Saal“ des 3. OG werden Details auch  in der Ausstellung gezeigt. Ein weiteres Modell auf dem Vorplatz ist das des Sauropoden Europasaurus holgeri.  Dieser Saurier bildet gleichfalls einen Schwerpunkt in den  Forschungsaktivitäten des Naturhistorischen Museums, er ist auch ein Schwerpunkt der Sonderausstellung „Jurassic Park“.

  
Insgesamt stellt sich der Vorplatz als ein schön gestalteter Platz u.a. mit informativen Gesteinsinseln aus Gesteinen der Erdzeitalter dar.  Der Otter vor dem Eingang zum Museum (aus Bronze hergestellt vom Bildhauer H.J. Ihle aus der Handballstadt Burgdorf bei Hannover) ist zwar sehr ansprechend und kunstvoll und bringt  ergänzend Leben auf den Platz bringen, aber was bringt mehr Leben auf den Platz als die Gesteine, die die Geschichte  des Erdzeitverlaufes symbolisieren.

Der Spinophorussaurus auf demm Vorplatz Museum mit Steinformationen Formation

Gruppenfoto
 

Claudia Kamcke  führte die Exkursions-Gruppe durch das Museum.

Dessen Eingangsbereich ist freundlich modern gestaltet.  Das Museum hat verschiedene Umbauphasen hinter sich und noch vor sich. Jüngst fertiggestellt ist das 1. Obergeschoss (ebenerdig mit dem Vorplatz) mit Eingangsbereich, Schatzkammer, Schaumagazin, Dioramen und Entdeckersaal. Ein  Team aus Berlin hat die Gestaltung geplant und dafür einen Design-Award erhalten.

im Eingang  Gut gestaltete Hineistafeln  

Der Rundgang in den neu gestalteten Räumen des  Erdgeschosses beginnt in der sogenannten Schatzkammer, die die Ausstellung des 18. Jahrhunderts repräsentiert.  Es ist ein wenig Stolz dabei:  Das Naturhistorische Museum Braunschweig das älteste Naturkundemuseum in Deutschland.  Die Geschichte des Hauses geht auf Naturalienkabinette der Herzöge von Brauschweig/ Lüneburg  des 18. Jahrhunderts zurück.  Herzog  Carl I. öffnete die Sammlung im Zuge der Epoche der Aufklärung für die Öffentlichkeit und  eröffnete 1754  das „Herzogliche Kunst- und Naturalienkabinett“. Dieses  Datum ist  das Gründungsdatum des Naturhistorischen Museums. Aus der Kunstsammlung wurde später das „Herzog Anton Ulrich-Museum“ als ein weiteres Landesmuseum neben dem „Braunschweiger Landesmuseum“ und dem „Naturhistorischen Museum“. Die Büste Karls I. ist in der Schatzkammer ausgestellt.  Die Büste und alle in der Schatzkammer ausgestellten Exponate sind im 16. und 17. Jahrhundert entstanden. Beispielsweise der Färöer-Kolkrabe, eine Kaspische Wasserschildkröte mit bemaltem Panzer, Purpurschnecken, Strumpf aus Muschelseide, ein Elefantenembryo, ein Buffalo-Kofferfisch usw.

Herzog Carl in der Schatzkammer 

Die Schausammlung im nächsten Raum repräsentiert die Art der Ausstellung  des 19. Jahrhunderts,  als die Exponate als Lehrsammlungen gleichermaßen für die Wissenschaft und für die Öffentlichkeit in großen Schaukästen dargestellt wurden. Hier ist es eine sehr gelungene Komposition der Verbindung neuer Technik und der Darstellungsart der früheren Zeit. Dargestellt  werden über 500 Präparate in hohen Glasvitrinen mit besonderem Spiegeleffekt bei stimmungsvollem Licht und gedimmter Beleuchtung. Ein Raumereignis der besonderen Art.  Die neue Technik repräsentieren auch zwei Sichtgeräte-Stationen in der Raummitte, an denen die Besucher menuegeführt Informationen über die Exponate und deren Historie abfragen können. Die Entdecker der damaligen Zeit wie  Alexander von Humboldt,  Johann- Heinrich Blasius und Wilhelm Blasius werden besonders  beschrieben. Hier wirken sich die neuen Medien sehr positiv aus, denn diese Vielzahl an Informationen kann man nicht an Schautafeln unterbringen.

Die Schausammlung

Die Dioramen des anschließenden Raumes repräsentieren das 20. Jahrhundert. In großen  „Guckkästen“ werden Tiere des Norddeutschen Raumes im Originalformat in ihrer natürlichen Umgebung gezeigt. Flora und Fauna wesentlich des Braunschweiger Raumes, die es  gibt oder einmal gegeben hat. Alle Dioramen wirken mit einer besonderen Ausdruckskraft und strahlen auf den Besucher eine ausdrucksvolle Ruhe aus. Die Dioramen sind schon etwas älter, jedoch neu mit anderer Beleuchtung  in die Ausstellung eingepasst.

Ein Dioram  


Der derzeit letzte Raum der Ausstellung auf dieser Etage, der Entdeckersaal, spiegelt die Wissensvermittlung im 21. Jahrhundert und soll spielerisch  besonders auf junge Menschen wirken und so deren Interesse für die Natur wecken. Wissenschaft und Forschung sind nicht mehr direkt angesprochen, sie haben genügend andere Informations-Quellen. Der Entdeckersaal ist völlig neu gestaltet, am unterschiedlichen Bodenbelag sind die alten und neuen Raumteile erkennbar. Das auffälligste Exponat ist  eine 13m lange Landschaftsvitrine, die das Leben über und unter der Erdoberfläche sehr naturgetreu und beeindruckend widergibt.  Das Panorama von 13 m ist aus jeweils ein Meter großen Teilen zusammengefügt.  Drei Präparatoren haben drei Jahre lang unglaublich akribisch gearbeitet und viele und kleine Details erschaffen. Es gibt Hinweisschilder auf einige Tiere und Pflanzen, aber Vieles soll einfach nur entdeckt werden. Die Präparatoren haben teilweise Abgüsse am Original gemacht und dann koloriert, teilweise haben sie auch das Modell komplett ohne Vorlage aus der Natur hergestellt.  Es ist eine bewundernswerte Arbeit und für Kinder und Erwachsene ein Verweis darauf, wie schön und abwechslungsreich es in unserer realen Natur ist. Man muss es   nur entdecken.


   Die Schauwiese Die Schauwiese Die Schauwies


Die Landschaftsvitrine spiegelt aber nur einen Teil der möglichen Entdeckungen in der Natur  im  Entdeckersaal wider.  In weiteren frei aufgestellten Vitrinen und in Wand-Vitrinen  werden besondere  Themen wie beispielsweise  Tarnen und Warnen, Augen verschwinden, Fußabdrücke und Fährten, Tierlaute, Zähne aufgegriffen. An Medienstationen kann man diese Welt wie in einem Memory zusammenfügen. Eine gute Idee. Einen besonderen Stellenwert erhält der Weißstorch mit einer eigenen Vitrine. Besonders hervorgehoben sind dabei seine Flugdaten und Flugleistungen (interaktiv). Man muss die Physik nicht zwangsläufig verstehen, man muss sie nur für sich nutzen können.      
     


 Im Entdeckersaal

Über  das ansprechende Treppenhaus mit Treppenstufen aus Braunschweiger Sandstein (Rogenstein) geleitet Claudia Kamcke die Gruppe in das 1. Obergeschoss. Der erste Blick fällt auf die Ichthyosaurier-Wand.  Exponate aus Holzmaden oder Solnhofen?  Nein, aus Hondelage bei Braunschweig.  Im September 2011 hat ein Grabungsteam aus dem Naturhistorischen Museum mit Zustimmung des   Förderkreises für Umwelt- und Naturschutz  diese beiden Ichthyosaurier geborgen. Zunächst als Block, danach folgte eine monatelange Präparation.  Die beiden delphinförmigen Tiere Stenopterrygius sp. (geborgen wurde ein vollständiges Skelett) und Eurhinosaurus longirotis (geborgen wurde ein Teilskelett) lebten im Unteren Jura (Lias, Untertoarcium)vor ca. 180 Millionen Jahren. Ichthyosaurier wurden bisher  im Posidonienschiefer (Lias,Epsilon) in Braunschweig-Hondelage, in Schandelah (Ziel des zweiten Exkursionstages) und Cremlingen gefunden. Es sind ganz sicher noch viele Skelette von Ichthyosauriern und anderen Fossilien im Schiefer verborgen, denn es ist bisher in ganz geringem Umfang gezielt gegraben worden. Die Exkursion nach Schandelah hat dies bestätigt (siehe den Bericht zu  diesem Teil der Exkursion).  Öffentlich sind diese Funde leider nicht so bekannt wie dies bei Funden in Holzmaden und Solnhofen der Fall ist. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die Öffentlichkeit den Wert des Niedersächsischen Umfeldes zukünftig mehr wertschätzen  würde. 

Den Ichthyosauriern gegenüber eine interessantes Arrangement. Zwischen Vitrinen mit Exponaten wirbelloser Tiere befindet sich der Eingang zum Lese -Café. Rote Tische und Stühle inmitten eines Raumes, in dem Schwarz-weiße Baumwurzeln plastisch in den Raum wachsen und die Wurzeln  an den Wänden, Heizkörpern etc. weiterverlaufen.  Allein dieser Raum hat den Design-Award verdient.


Die Wirbellosen Exponate Der Lesesaal

Nach der Besichtigung weiterer, in dieser Etage angeordneter  Dioramen (z.B. eine sehr naturgetreue Darstellung der Braunschweiger Rieselfelder) führt Claudia Kamcke die Exkursions-Gruppe in das  2. Obergeschoss mit dem Dino-Saal, dem Fossiliensaal und dem Lichtsaal. 
Eingangs des Dino-Saals ist eine Schautafel installiert, die auf den am 23.04.2013 in Braunschweig niedergegangenen  jüngsten Meteoriten Deutschlands  eingeht. Dieses Ereignis hatte Jan Ilger in seinem Vortrag am detailliert beschrieben. 


Im Dino-Saal ist man erstaunt über das Gelingen, das 13 m lange Skelett-Modell des im Niger mit Unterstützung  der Wissenschaftler des Naturhistorischen Museums ausgegrabenen  Riesen-Sauropoden Spinophorosaurus nigerensis im Raum unterzubringen. Gefunden hat man zwei Skelette, nicht komplett, nur in Fragmenten. In 3-D wurden die vorgefundenen Teile gescannt, so dass das Modell des Tieres entstehen konnte.  Auf dem Boden sind Original-Funde ausgebreitet. Ergänzt werden diese Informationen durch einige Medien-Stationen, die auch die Historie der Ausgrabungen wiedergeben.  Auch an diesen Exponaten haben die Präparatoren mehrere Monate lang gearbeitet.
Die Ausgrabungen im Niger in der heißen Süd-Sahara waren ganz sicher eine hohe körperliche Belastung für das Grabungsteam. Das war zu Zeiten des Spinophorosaurus anders. Dies zeigt das ausdrucksvolle Wandgemälde von Renate Berghaus,  die die üppige  Flora der Zeit vor 180 Millionen Jahren treffend skizziert hat.
Angst einflößend der Fußabdruck eines Deinonycho-Sauriers. Der Fußabdruck wurde gleichfalls in der Nähe des Grabungsgebietes am Niger gefunden. Das war bestimmt kein Freund des Spinophorosaurus 

 Der Spinophosaurus negeriensis


Der Fossiliensaal gibt mit vielen Exponaten Einblicke in die Erdgeschichte der Braunschweiger Region. Beispielsweise Vitrinen mit Muschelkalk aus der Zeit vor 20-215 Mio. Jahren, eine Wandtafel mit einer Seelilie aus dem Muschelkalk bei Erkerode, Inkohlungs-Prozesse, ein Meeres-Krokodilskelett aus dem Lias von Hondelage, eine Fischechse aus dem Lias von Schandelah. Die geologischen Zusammenhänge demonstriert mit hervorgehobenen Horizonten ein Landschaftsmodell. Ein Profil-Modell der Gesteinsschichten zeigt die geologischen Besonderheiten des nördlichen Harzvorlandes.

Der Lichtsaal, der größte Ausstellungssaal des Museums, wurde im Dezember 2003 in der heutigen Form eröffnet. Der große Raum und die großen Exponate vermitteln den Eindruck eines Raumklanges. Themen des Lichtsaales sind „Ausgestorbene Vögel", „Tiere der Eiszeit“, die „Evolution des Menschen“. Als Besonderheit ist das Skelett einer Riesenseekuh mit einer Länge von ca. 7 m ausgestellt (davon gibt es weltweit nur noch 20 Exponate).

Der Fossiliensaal Der Lichtsaal

Die Zeit ist gut fortgeschritten. Viele Details müssen für die Exkursionsgruppe aus Zeitgründen unberücksichtigt bleiben, wichtig ist der Überblick. Und der wurde von Claudia Kamcke perfekt übermittelt.

Ein besonderes Privileg schließt sich an: Ein Blick hinter die Kulissen der Magazine. Die Magazinräume werden derzeit umgebaut. Entsprechend werden die Exponate aufgenommen und digital katalogisiert. Eine Lebensaufgabe bei über 500.000 Tieren. Einige Magazine, wie das Knochenmagazin sind ausgelagert, das Insektenmagazin ist absolut staubgesichert geschützt. Ein Mineralienmagazin gibt es derzeit nicht, wird aber ggf. kommen. Der Präparator-Raum mit den Arbeitstischen für die Präparatoren ist bereits fertig gestellt. Weiter umgebaut wird die Etage darüber, diese Räume werden über eine schön gedrechselte Holztreppe erreicht. In diesen Räumen gibt es noch viel zu tun. (Die Mitarbeiter des Naturkundemuseums Dortmund fühlen sich sofort rundherum heimisch, denn noch ist die Umbauphase des dortigen Naturkundemuseums nicht beendet). Man geht in Braunschweig stückweise vor. Jeder fertiggestellte Raum wird über sukzessiv gesetzte Trennwände abgeschlossen. Derzeit wird besonders aktiv im Nassarbeitsraum gearbeitet. Die Magazine dahinter erreicht man nur bei entsprechender Freischaltung. Die Exkursionsgruppe hatte Gelegenheit zur Begehung dieser Magazinräume. Ein Erlebnis der besonderen Art, das auch zu einem Erfahrungsaustausch genutzt wurde. Frau Claudia Kamcke gilt hier ein besonderer Dank.

Das Aquarium ist Mittelpunkt des Naturkundemuseums Dortmund, insofern bat die Exkursionsgruppe darum, zum Abschluss der Exkursion das Aquarium im Naturhistorischen Museum zu besuchen. „ Ein Besuch im Aquarium lohnt sich immer“, das besagt auch die Werbung des Naturhistorischen Museums. Claudia Kamcke erfüllt diesen Wunsch gerne und führt die Gruppe in eine exotische Vielfalt.


Im Ayuarium



Mit dem Besuch des Aquariums endete das erste Kapitel der zweitägigen Exkursion. Weitere Kapitel waren der Besuch der Sonderausstellung „Jurassic Harz“, eine „Nachtwächterführung“ durch die Altstadt Braunschweigs, der Besuch der „Ausgrabungsstätte in Schandelah und der Besuch der „Ausgrabungsstätte in Schöningen inklusive des Besuchs des dortigen Museums“.

Frau Claudia Kamcke gilt ein herzlicher Dank für die exzellente Führung und für den Kaffee, den sie für die Exkursions-Gruppe nach Rückkehr in das Verwaltungsgebäude gekocht hat.

Weblinks

Das Mitarbeiterteam des Naturhistorischen Museums Braunschweig

Wissenschaftliche Presseinformationen des Naturhistorischen Museums Braunschweig

Vortrag von Dr. Jan Ilger: Der jüngste Meteorit Deutschlands

Förderkreis Hondelage FUN

Strumpf aus Muschelseide

Letzte Änderung: 29.05.2020